Begriffserklärung
Grenzverletzendes Verhalten kann vielfältig sein und umfasst körperliche, verbale oder sexuelle Gewalt, Belästigung, Diebstahl, Sachbeschädigung, geistlicher Missbrauch, Bedrohung mit Gegenständen, die Intervention zum Schutz von Mitarbeitenden und anderes. Grenzverletzungen beeinträchtigen die unveräusserliche Würde und Teilhabe eines Menschen. Je nach Fachgebiet stehen bezüglich Grenzverletzungen andere Themen im Vordergrund. Zu einem professionellen Umgang mit Grenzverletzungen gehört die Unterscheidung des Schweregrades einer Grenzverletzung¹.
Wir unterscheiden in diesem Konzept zwischen einem Risiko und einer Krise. Die Unterscheidung in diesen beiden Hauptbereichen ist wesentlich für einen gelingenden Umgang mit grenzverletzendem Verhalten. In diesem Konzept wird unter Risiko und Krise Folgendes verstanden:
- Wir wünschen uns gute Beziehungen. Mit Nähe geht auch immer ein Risiko für grenzverletzendes Verhalten einher. Besonders heikel sind Beziehungen, in denen eine Person mehr Macht als die andere hat (Bsp.: Leitungspersonen) oder ein grösserer Altersunterschied besteht. Ein hoher moralischer Selbstanspruch wie ihn z.B. Kirchen haben, ist dabei noch kein Schutz. Es braucht eine transparente und aktive Gestaltung des Miteinanders – ein Risikomanagement. Dabei geht es um die Prävention, also um vorbeugende Massnahmen, die Übergriffe so gut wie möglich zu verhindern versuchen. In der Prävention geht es u.a. darum, gemeinsam eine angstfreie Kultur, klare Haltungen und praktikable Verhaltensstandards zu entwickeln.
- Eine Krise hingegen tritt bei einem Verdacht auf eine Straftat ein. In diesem Fall wird nicht mehr über den angemessenen Umgang verhandelt, sondern nach einem vorgängig definierten Krisenmanagement interveniert (auch «Krisenintervention» genannt). Bei einer Krise befinden wir uns im strafrechtlich relevanten, also im roten Bereich (siehe Abbildung rechts).